Hydroxylapatit (HAP) hat in den letzten Jahren zunehmende Aufmerksamkeit als potenzielle Alternative zu Fluorid in Zahnpasta gewonnen. Vor allem in Europa und Asien wird es als vielversprechender Inhaltsstoff beworben, der die Zahnremineralisation fördern und Karies vorbeugen soll. Doch bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass Hydroxylapatit nicht ohne Schwächen ist und keine unabhängigen Forschungsergebnisse dafür sprechen, dass Hydroxylapatit die Wirksamkeit von Fluorid ersetzen kann.

Wissenschaftliche Grundlagen: Was ist Hydroxylapatit?

Hydroxylapatit ist ein biokompatibles Material, das dem Hauptbestandteil des Zahnschmelzes chemisch ähnelt. Es wird aus synthetischem oder natürlichem Calciumphosphat hergestellt und soll mikroskopische Schäden im Zahnschmelz auffüllen, indem es sich wie ein „pflasternder“ Baustein einfügt. Hersteller werben damit, dass HAP die Zahnoberfläche glättet, empfindliche Zähne schützt und dabei schonender ist als Fluorid. Dabei wird häufig als Marketing-Claim verwendet, dass Hydroxylapatit „Hauptbestandteil des Zahnschmelzes“ ist. Das stimmt zwar, hat jedoch keine keinerlei Relevanz für (oder gegen) die Wirksamkeit als Kariesschutz.

Auch unabhängige Medien wie medizin-transparent.at haben sich die Studienlage im Detail angeschaut und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wissenschaftliche Belege dafür fehlen, dass Zahnpflegeprodukte mit Hydroxylapatit bei schmerzempfindlichen Zähnen helfen oder Karies vorbeugen können. Zu diesen Themen fand medizin-transparent.at lediglich mangelhafte Studien ohne Aussagekraft. Belege für die behaupteten Wirkungen können die Studien nicht liefern (Link).

Vorteile von Hydroxylapatit

Befürworter von HAP heben einige Vorteile hervor:

  1. Biokompatibilität: HAP ist ein natürlicher Bestandteil des Zahnschmelzes und verursacht keine bekannten toxischen Nebenwirkungen.
  2. Kinderfreundlich: Da HAP ungiftig ist, wird es oft als sicher für Kinder beworben, auch wenn Zahnpasta versehentlich geschluckt wird.
  3. Schutz gegen Hypersensibilität: Studien zeigen, dass HAP empfindliche Zahnhälse versiegeln und Schmerzempfindlichkeit reduzieren kann.
  4. Umweltfreundlichkeit: Da Fluorid in der Umwelt problematisch sein kann, gilt HAP als „grüner“ Ersatz.

Kritische Schwächen von Hydroxylapatit

Trotz seiner Vorteile gibt es gute Gründe, skeptisch zu bleiben:

  1. Unzureichende Langzeitstudien: Während es zahlreiche kleinere Studien gibt, die die Wirksamkeit von HAP belegen, fehlen groß angelegte, unabhängige, klinische Langzeitstudien. Insbesondere ist unklar, wie gut HAP im Vergleich zu Fluorid bei hoher Kariesanfälligkeit schützt.
  2. Mechanismus der Remineralisation: Obwohl HAP mikroskopische Schäden im Zahnschmelz reparieren kann, bleibt fraglich, wie effektiv dieser Prozess im Mundmilieu tatsächlich abläuft, wo pH-Schwankungen, Bakterien und Speichel eine Rolle spielen.
  3. Schwächerer Kariesschutz: Im Vergleich zu Fluorid zeigt HAP in mehreren Studien zwar Schutzwirkungen, doch Fluorid hat sich als besonders effektiv darin erwiesen, den Zahnschmelz gegen Säureangriffe zu stärken und bakterielle Prozesse zu hemmen.
  4. Kosten und Verfügbarkeit: Zahnpasten mit HAP sind oft teurer als fluoridhaltige Produkte und nicht überall verfügbar, was die Akzeptanz erschwert.

Verbraucherirreführung durch Marketing

Ein kritischer Punkt ist die aggressive Vermarktung von HAP als „besser als Fluorid“. Solche Behauptungen basieren oft auf Studien, die von den Herstellern finanziert wurden, und lassen wichtige wissenschaftliche Einschränkungen aus. Verbraucher, die sich von negativen Schlagzeilen über Fluorid (z. B. angebliche Toxizität) verunsichern lassen, könnten sich voreilig für HAP-Produkte entscheiden, ohne die wissenschaftliche Evidenz zu hinterfragen.

Zahnpasta mit Hydroxylapatit (HAP)

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Schlussfolgerung: Ergänzung statt Ersatz

Hydroxylapatit ist zweifellos ein vielversprechender Wirkstoff und bietet insbesondere für bestimmte Zielgruppen wie Kinder, Menschen mit Fluoridunverträglichkeit oder Kariesrisiko eine Alternative. Dennoch sollte HAP nicht als pauschaler Ersatz für Fluorid betrachtet werden, sondern vielmehr als Ergänzung in einem diversifizierten Ansatz zur Zahnpflege. Bislang bleibt Fluorid der Goldstandard, insbesondere wegen seiner nachgewiesenen Wirksamkeit und jahrzehntelangen Anwendung in der Kariesprävention.

Die Wahl zwischen Hydroxylapatit und Fluorid sollte nicht von Marketingtrends, sondern von wissenschaftlicher Evidenz und den individuellen Bedürfnissen der Patienten bestimmt werden. Es ist wichtig, dass weitere unabhängige, hochqualitative Forschung betrieben wird, bevor HAP als gleichwertige Alternative anerkannt werden kann.

Von admin

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